Ernst Kiemle, ein Mensch der Extraklasse

Nach kurzer schwerer Krankheit hat uns am 26. Mai 2017 Ernst Kiemle viel zu früh verlassen. Als Sportler war er ein fairer Kämpfer, doch diesen letzten Kampf konnte er nicht gewinnen.

Im Februar 1940 wurde Ernst als Schreinersohn geboren und trat auch später, wie selbstverständlich, in die Fußstapfen seines Vaters. Als Schreiner war er über Saarbrücken hinaus für seine gute Arbeit und unkonventionelle Art mit Kunden umzugehen bekannt. Er hatte immer eine Idee, den Wünschen gerecht zu werden und Lösungen zu finden. Es ist noch nicht lange her, als wir mit der C-Jugend des HCS eine Führung durch seine Werkstatt machen durften. Mit viel Freude und Begeisterung hat er den Jungs die Arbeit mit Holz nahe gebracht und wie Ernst so war, direkt angeboten, dass sie bei Interesse jederzeit ein Praktikum bei ihm in der Werkstatt machen können. Er war auch mit 77 Jahren noch in der Lage, junge Menschen zu begeistern.

Neben Arbeit und Familie war der Handball seine Leidenschaft, was von seiner Frau Hilde immer toleriert und unterstützt wurde. Seine Kinder Anne und Andreas spielten folglich auch Handball, wobei Andreas bis heute dem Handballsport verbunden ist. So ist es nicht weiter verwunderlich, dass auch seine Enkelkinder Marius, Tammo, Svenja und Karla zum Handballsport kamen. Trotz seiner vielen Verpflichtungen sah man Ernst immer wieder unter den Zuschauern, wenn seine Enkelkinder spielten oder die Herrenmannschaft antrat. Der Handball war seine Leidenschaft und sein Leben.

Er selbst begann seine Handballkarriere beim 1. FCS Saarbrücken, bevor er zum TBS wechselte. Damals gab es noch Großfeldhandball, der am Sportplatz Rodenhof gespielt wurde. Später spielte er dann in der Bruchwiesenhalle Hallenhandball.

Ernst war 62 Jahre Mitglied im TBS und erhielt dafür die Ehrenmitgliedschaft. Als die Handballer des HCS beschlossen, den TBS zu verlassen und einen eigenen Verein zu gründen, zögerte er keinen Moment, diesen seine Unterstützung zuzusagen. Es war für ihn keine Frage, dass der Handballsport in Saarbrücken in Form eines eigenständigen Vereins weiter Bestand haben sollte.

Ernst selbst war einer der besten Abwehrspieler seiner Zeit und sowohl bei Mitspielern als auch bei Schiedsrichtern gern gesehen. Ein ehemaliger Schiedsrichter formulierte es so: „Er hat die Entscheidungen, die gepfiffen wurden akzeptiert und nicht diskutiert. Das war sehr angenehm und wir zollten ihm dafür Respekt!“ Als Spieler schaffte er mit seiner Mannschaft mehrere Aufstiege, bis hin zur Saarlandliga. Nachdem die erfolgreiche 1. Herrenmannschaft des TBS zweimal in Folge Saarlandmeister wurde, beendete er 1980 seine Karriere als aktiver Spieler. Zur Krönung flog die Mannschaft nach Berlin.

Dort wollte man sich mit anderen Teams messen. Direkt nach der Landung ging es, mit noch weichen Knien vom Flug, in die Halle und zum 1. Spiel. Schon in der 1. Halbzeit wurde Ernst am Auge verletzt und musste blutend ins Krankenhaus gebracht werden. Trotz seines Ausfalls schlug sein Team sich in diesem Turnier beachtlich. Ernst als „ chef d´équipe“ war es am meisten zu danken, dass diese legendäre Berlin-Fahrt so ein Erfolg wurde und für die beteiligten in ewiger Erinnerung bleiben wird. Selbst die SZ bereichtete von diesem Ereignis (siehe unten). Von der aktiven Karriere wechselte er nahtlos in den organisatorischen Bereich des Vereins.

Parallel zu seiner aktiven Spielerkarriere sah er es als selbstverständlich an, sich um die Mannschaft seines Sohnes Andreas zu kümmern und diese zu fördern. Mit viel Geschick entwickelte er aus dieser Truppe über Jahre hinweg eines der besten Teams im Saarland. Als ehemals fairer Spieler, prägte er auch das Spiel und Auftreten seiner Mannschaft. Rüpelhaftigkeit, unfaires Spiel und Umfeld gab es unter ihm nicht. Erfolge stellten sich ein: Kreismeister und Saarlandmeister in E und D Jugend; ab der C Jugend ging es dann um die südwestdeutsche Meisterschaft. Ernst Kiemle agierte vorrangig als Betreuer und Organisator des Teams, wobei im Trainerbereich ab der B Jugend Reinhard Peters dazu kam. Die Erfolge gingen weiter. 

Soziales Engagement war für Ernst Kiemle kein „Muss“ sondern eine Selbstverständlichkeit. Da Reinhard Peters sich um den damals verunglückten Joachim Deckarm kümmerte, war es normal, dass auch Ernst und die Jungs sich hier einbrachten. Als Belohnung für dieses Engagement wurde die Mannschaft 1983 vom VFL Gummersbach nach Dortmund in die Westfahlenhalle eingeladen. Sie spielten gegen die Jugendmannschaft vom VFL Gummersbach als Vorspiel der Partie Gummersbach gegen ZSKA Moskau. An diesem Tag war es sein Sohn Andreas, der ein hervorragendes Spiel zeigte und damit wesentlich zum 16:14 Erfolg beitrug. Das war natürlich ein unvergessliches Erlebnis, von dem Ernst noch lange erzählte. Außerdem wurde man zur Weihnachtsfeier des VFL Gummersbach eingeladen. Dort nutze Ernst auch die Gelegenheit  mit Heiner Brand ins Gespräch zu kommen und Parallelen zur eigenen Mannschaft aufzuzeigen. Einer seiner später oft zitierten Aussagen gegenüber Heiner Brand war: „Das ist Christoph Reiss, der Heiner Brand vom TBS …“.

Weitere Highlights waren ein Auftritt im aktuellen Sportstudio in Mainz und in der Sportarena auf dem Halberg. Hier stand er Rede und Antwort Reportern gegenüber und lobte das Engagement anderer, ohne sich selbst in den Vordergrund zu drängen.

Er begeisterte nicht nur viele junge Handballtalente, sondern auch die Eltern. Hier bleiben die vielen Feste in seinem Partykeller in Erinnerung, in dem vor lauter Pokalen, Ehrungen und Meisterschaftsfotos kaum noch ein freier Platz an den Wänden zu finden ist. Hier entstanden Freundschaften fürs Leben. Sein Vorhaben, mit den Jungs aus diesem Erfolgsteam noch mal im Keller zu feiern, konnte er leider nicht mehr umsetzen.

Dies ist nur ein kleiner Ausschnitt aus dem Leben und Engagement von Ernst Kiemle. Alles aufzuzählen würde den Rahmen sprengen und nie dem Anspruch an Vollständigkeit gerecht werden. Dafür war es viel zu viel was Ernst in seinem Leben leistete.

Jeder Mensch auf Erden hat das Bestreben die Welt ein bisschen besser zu machen, Du lieber Ernst hast sie ein großes Stück besser und menschlicher gemacht. Vielen Dank dafür!

Die Handballer des HCS Saarbrücken

Veröffentlicht in HCS-News.